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Samstag, 16. Juni 2012

Sind Speicher für Strom ökonomisch?


In der aktuellen Diskussion über die Einführung der erneuerbaren Energien ist die Frage der Stromspeicherung völlig ungeklärt. Warum ist es so schwierig, dieses Problem zu quantifizieren und zu lösen.

Bisherige Entwicklung des Speicherbedarfs

Bis vor zehn Jahren war die Stromwelt relativ einfach. Es gab einige riesige thermische Kraftwerke, insbesondere Kernkraftwerke und Braunkohlekraftwerke. Diese lies man immerzu laufen und wenn niemand den Strom benötigt hat, etwa in der Nacht, dann hat man den Strom billig abgegeben. Manche haben damit ihre Nachtspeicherheizung betrieben, andere haben damit die Speicherseen der Pumpspeicherkraftwerke gefüllt.

Am Tag, wenn der Bedarf angestiegen ist, wurden einige Kohlekraftwerke hochgefahren, wenn es eng wurde auch noch einige Gaskraftwerke und die Turbinen bei den Speicherkraftwerken wurden angeworfen. Für dieses Konzept ist unser Leitungsnetz, unsere Speicherkapazität und unser Stromtarif ausgelegt.  

Plötzlich kommt die Sonne ins Spiel

Die Sonne hat bekanntlich die Eigenschaft, dass sie nie nachts scheint. Daher ändert sich zunächst in der Nacht für die Stromversorgung nichts. Anders am Tag, dann scheint die Sonne und Photovoltaikanlagen auf den Dächern der Häuser und Scheunen liefern Strom. Strom wird seltener knapp, da die zusätzliche Stromproduktion im Wesentlichen den zusätzlichen Strombedarf an Tag abdeckt.
Stromverbrauch: Stromquellen: Grau ist konventionell, Grün aus Wind und Gelb aus der  Photovoltaik. (Bildquelle: eex)


Das hat aber zwei fatale Konsequenzen, die Betreiber der Gaskraftwerke müssen ihre Gasturbinen nur noch selten zuschalten. Da diese aber nach geliefertem Strom bezahlt werden, verlieren sie Einnahmen. Gaskraftwerke werden unökonomisch, manche denken schon an das vollständige Abschalten, keiner an den Bau neuer Gaskraftwerke. Ähnlich ergeht es den Speicherkraftwerken. Auch sie werden weniger gebraucht und der Preisunterschied auf dem Strommarkt ist zwischen Tag und Nacht sehr gering, so dass die Betreiber von Pumpspeichern wenig Freude haben und kaum an die Investition in neue Kapazitäten denken.

Wann werden dann die Speicher notwendig?

In der aktuellen Situation sind Speicher nicht notwendig, wie auch der VDE in einerPresserklärung mitgeteilt hat. Erst ab etwa 40% erneuerbare Energien am Netz lohnen sich Speicher. Aktuell sind genau 20% erneuerbare Energien am Netz. Die wirklich schwierige Frage lautet daher, wann werden es 40% sein? Eine sehr simple Betrachtung wäre, in den letzten 20 Jahren sind etwa 15% erneuerbare an das Netz gegangen, dann werden in den nächsten 20 Jahren weitere 15% an das Netz gehen und alle Probleme liegen in weiter Ferne.

Eine genauere Betrachtung ergibt allerdings, dass vor fünf Jahren der Anteil der erneuerbaren Energien nur halb so hoch war. Erwartet man innerhalb der nächsten fünf Jahre eine weitere Verdopplung der erneuerbaren Energien, dann ist bereits vor 2020 ein erhebliches Speicherproblem vorhanden. Und genau da liegt das Prognoseproblem. Man kann für die Prognose zwei verschiedene Annahmen treffen, die erste ist, dass das Wachstum von 15% pro Jahr, das in den letzten zehn Jahren sehr stabil war anhält. Dafür spricht, dass die Preise für Solaranlagen und für Windkraftwerke zurückgehen und damit sich die Investition immer mehr lohnt, auch ohne Subventionen.

Eine alternative Betrachtung geht davon aus, dass durch den politisch gewollten Stopp aller Subventionen der Zubau praktisch zum Stillstand kommt und damit keine Speicherrelevanten Strommengen auf dem Markt auftauchen. In diesem Fall muss am Stromsystem zunächst wenig geändert werden, allerdings ist aktuell kaum erkennbar, dass die Bevölkerung an einem Ausstieg aus den erneuerbaren Energien interessiert ist.

Welche Speicher sind wirtschaftlich?

Wie wirtschaftlich ein Speicher ist, hängt von mehreren Größen ab, erstens, wie teuer die Kapazität von einer kWh Energie ist (SP), wie oft der Speicher pro Jahr gefüllt und entleert wird, das ist die Zahl der Speicherzyklen (Zy). Weiterhin, wie stark der Strompreis schwankt, die sogenannte Volatilität(Vo) und dem minimalen Einkaufspreis (Pmin).  Und nicht zu unterschätzen ist der Wirkungsgrad der Speicher (Wi).
Damit kann man die Einnahmen errechnen, wie lange in Jahre (Ta) es dauert bis der Speicher seine eigenen Kosten erwirtschaftet hat. Die Gleichung lautet:
Ta = SP/((((Pmin+Vo)*Wi)-Pmin)*Zy)

Nimmt man eine Bleibatterie (70% Wirkungsgrad) mit einem Speicherpreis von SP=150€, geht von einem minimalen Strompreis von 0,02€/kWh aus und hofft auf eine Volatilität von 0,10€/kWh, mit Tageszyklen Zy=365 pro Jahr, der bei einer Photovoltaikanlage möglich erscheint, so erhält man:
Ta = 150 € / ( ( ( (0,02 €/kWh + 0,10 €/kWh ) * 0,7 ) - 0,02 €/kWh ) * 365 )
Ta = 6,4 Jahre

Die Rückzahlzeit für Speicher hängt sowohl von der Volatilität auf dem Markt als auch vom Wirkungsgrad ab. (Zum Vergrößern anklicken)

Nach gut sechs Jahren ist die Investition in die Bleibatterie zurückgelaufen, allerdings ohne Berücksichtigung von Zinsen. Allerdings gibt es ein viel größeres Problem, die Bleibatterie ist nach etwa 1000 Ladezyklen so geschwächt, dass sie nicht mehr die gewünschte Leistung bringt und ausgetauscht werden muss, somit erreicht dieses System nie die Wirtschaftlichkeit unter den beschriebenen Annahmen.
Rücklaufzeit, zum Vergrößern anklicken
Rücklaufzeit einer Investition in Stromspeicher bei einem unteren Preis von  0,02€/kWh und mit 365 Zyklen im Jahr. (Zum Vergrößern anklicken)


Erst wenn der Speicherpreis auf deutlich unter 100€/kWh sinkt und die Lebensdauer weit über 3000 Zyklen liegt, werden Speicher wirtschaftlich. Unklar ist, mit welcher Technologie dies erreicht werden kann, aber vermutlich sind Pumpspeicherkraftwerke gute Kandidaten, da diese bereits heute wirtschaftlich arbeiten. Für Batterien, die auf teuren Rohstoffen basieren ist es nur in Ausnahmefällen ökonomisch sinnvoll diese für die stationäre Stromspeicherung einzusetzen. Für mobile Anwendungen, wie Fahrräder und Autos ist die Situation natürlich völlig anders.




2 Kommentare:

  1. Lieber Herr Heindl,

    vielen Dank für Ihren interessanten Blogeintrag. Dazu würde ich gerne etwa fragen: ich habe kürzlich mit Kollegen diskutiert, ob man nicht unter Verwendung neuer Speichertechnologien (z.B. Li-Ionen Batterien wie neulich von Siemens präsentiert, Link: goo.gl/Xrf0c ) in der Lage wäre, tägliche Strompreisschwankungen auszunutzen - im Sinne von: Netzstrom in Batterien speichern wenn er gerade günstig ist (z.B. nachts), verbrauchen wenn er teuer ist oder zur Vermeidung von teuren Leistungspreisen während Lastspitzen.
    Ihre Rechnung im Blogeintrag ist ja denke ich eine entsprechende Abschätzung. Wie sehen sie die Thematik in der näheren Zukunft, in Anbetracht von Weiterentwicklungen bei Batterie-Technologien und der weiteren Verbreitung von erneuerbaren Energien (Solar) in Europa?

    Vielen Dank, ihre Einschätzung würde mich sehr interessieren!

    MF

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  2. Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.

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